Wann braucht der Nachwuchs wirklich Hilfe?
Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht: Wer in den nächsten Wochen und Monaten Wildtier-Nachwuchs in der Natur findet, sollte in der Regel einfach Abstand halten und das Tier sitzen lassen. Meist sind die Elterntiere nicht weit entfernt und kümmern sich um ihren Nachwuchs – auch dann, wenn wir sie nicht sehen können!
Rehkitze oder junge Feldhasen liegen beispielsweise oft reglos und geduckt im langen Gras, um keine Fressfeinde auf sich aufmerksam zu machen. Eine Häsin etwa kommt für gewöhnlich nur zweimal täglich zum Säugen zu ihrem Nachwuchs. Ein „verwaistes“ Jungtier ist also oftmals weder verwaist, noch hilfsbedürftig! Insbesondere bei Säugetieren gilt: Bitte den Nachwuchs nicht anfassen! Der menschliche Geruch könnte dazu führen, dass das Tier anschließend tatsächlich von der Mutter verlassen wird.
Auch unsere heimischen Vögel bereiten sich zurzeit intensiv auf ihren Nachwuchs vor. Flugunfähige Jungtiere werden immer wieder von hilfsbereiten Passanten aufgegriffen – dabei ist es vollkommen normal, dass schon kurz vor Erlangen der Flugfähigkeit auf dem Boden anzutreffen sind! Die Jungen vieler Vorgelarten unternehmen dort ihre ersten Flugversuche und werden weiter von den Eltern versorgt, bis sie schließlich selbstständig werden. Nur nackte „Nestlinge“ benötigen außerhalb des Nests tatsächlich Hilfe, die am besten darin besteht, sie wieder in ihr Nest zu setzen! Im Gegensatz zu Säugetieren stören sich Vogeleltern übrigens nicht am menschlichen Geruch.
Nur verletzte beziehungsweise wirklich verlassene Tiere oder Tierkinder, die sich in unmittelbarer Gefahr befinden – zum Beispiel auf einer stark befahrenen Straße – sollten also tatsächlich „aufgegriffen“ werden. Grundsätzlich sind die Aufzucht und das spätere Auswildern von Jungtieren sehr schwierig und oftmals nicht erfolgreich: Die besten Chancen hat ein unverletztes Tier immer in der freien Natur und durch die Versorgung seiner Eltern!
Weitere Infos und Unterstützung sowie ein Liste von Pflegestellen und Auffangstationen gibt es zum Beispiel beim Wildtierschutz Deutschland e. V.: https://www.wildtierschutz-deutschland.de/
Wir wünschen Ihnen und Ihren Vierbeinern eine schöne Zeit!
Ihr Team der Tierarztpraxis Dr. Marianne Nieder